Sein Wille geschehe
Ich hatte im letzten Kapitel behauptet,
- der Mensch sei Teil von einem größeren Ganzen,
- dieses größere Ganze würde im religiösen Kontext als Gott bezeichnet
- und die den Menschen umgebende Welt ist gar nicht so dumm und Zufalls-gesteuert, wie die Wissenschaft annimmt
Man kann sich das so ähnlich vorstellen wie den menschlichen Körper:
Ein komplexes Ganzes, welches durch das Zusammenspiel vieler kleinerer einzelner Teile seine Funktion erhält. Wenn man diese Analogie betrachtet, wird folgendes klar:
Im Kontext eines solchen Gebildes, kann nicht einfach jedes Einzelteil machen, was es will. Sonst funktioniert nämlich das Ganze nicht. Jede Komponente hat eine ganz spezifische Funktion – seien das die einzelnen Zellen oder die Organe oder die Infrastruktur aus Blut- und Nervenbahnen.
Und so ist das mit Gott und den Menschen auch:
Der körperliche Mensch in seinem materiellen Erden-Dasein ist über die nicht-rationalen Teile seiner Psyche mit seinem Ich (seiner Seele) verbunden und das Ich (die Seele) wiederum irgendwie mit Gott – dem Ganzen.
Die Verbindung zum Ich ist eine Informationsquelle, welche neben den Lösungen für schwerwiegende Probleme auch Aktivitätsimpulse liefert. Und das sind genau die Informationen, welche dem einzelnen Menschen seinen Platz im Ganzen zuweisen. Das ist es, worum es geht:
Seinen Platz im Leben zu finden. Das ist gleichbedeutend damit:
- den Willen Gottes zu erfüllen
- seinen Beitrag zur Funktion des großen Ganzen zu leisten
- den Sinn seines Lebens zu finden
- seine Träume zu verwirklichen
- ein glückliches und erfülltes Leben zu führen
Durch die rationale Isolation ist die Verbindung aber gekappt worden und nun denkt jeder, er wäre ein isoliertes Menschlein in einer funktionslosen Steinwüste und macht irgendwas.
Die weitaus meisten Menschen verwirklichen ihre Träume nicht. Sie denken, sie müssten erst mal ans Geld verdienen denken und erst danach an ihre Träume. Sie glauben nicht, dass es umgekehrt funktionieren würde.
Natürlich glauben sie das nicht! Wie sollte eine Zufalls-getriebene Welt sie dabei auch unterstützen?
Es gibt keinen Widerspruch zwischen dem Willen des Einzelnen und dem Willen des Ganzen. Was der Einzelne am meisten für sich selbst will, ist auch das, was das Ganze von ihm erwartet, dass er es tut.
Diese Botschaft bezeichnet man übrigens als Erlösung: “Hört endlich auf mit den sinnlosen Anstrengungen und Umwegen. Was ihr selbst am meisten wollt, ist auch das, was von Euch erwartet wird und was am besten funktioniert.”
Kaum einer sucht und findet den Sinn seines Lebens. Alle jagen entweder dem Geld hinterher oder irgendwelchen abgehobenen realitätsfernen Idealen.
Und das bedeutet, dass die Funktion des Ganzen gestört ist. Wir wissen nicht, wie sehr sie gestört ist. Aber da die Menschheit vor nicht gerade wenigen ziemlich existenziellen Problemen steht, können wir davon ausgehen, dass sie sehr gestört ist.
Es geht um Funktion! Das ist ein sehr grundlegender Irrtum des gegenwärtigen christlichen Glaubens. Es geht nicht um irgendwelche Ideale. Sondern es geht darum, dass das Ganze, von dem der Mensch ein Teil ist, wieder funktioniert.
Das klingt so profan: “Was bedeutet schon Funktion? Wir wollen Liebe und Mitgefühl und Aufopferung!”
Das kann ja sein. Nur ist Funktion nicht so profan, wie es zunächst scheint. Funktion bedeutet Erfüllung, Freude, Glück, Energie. Wenn das Ganze funktioniert, geht es den Menschen in diesem Ganzen gut. Wobei “gut” ist hier die Untertreibung des Jahrhunderts. Es geht ihnen überragend blendend. Sie haben dann nämlich das Paradies gefunden. Und wer seine Träume verwirklicht und diese Funktion findet, versteht früher oder später auch, was das alles mit Liebe zu tun hat. Aber das erklären zu wollen, würde an dieser Stelle zu weit führen und ist hier auch nicht das Thema. Bringen wir “das Ganze” erst mal wieder vernünftig zum Laufen und widmen uns dann den weiterführenden Themen.
Es ist sehr wichtig, sich folgendes klarzumachen:
Diese Themen – auch wenn sie einen starken religiösen Bezug haben – sind alles andere als realitätsferne Geschichten. Ganz im Gegenteil: Es ist knallharte für jeden erreichbare Realität. Die zum Teil vielleicht etwas phantastisch klingenden Behauptungen kann jeder selbst ausprobieren.
Dieses Kapitel beantwortet auch die philosophisch viel diskutierte Frage der Freiheit: Diese Frage entsteht in dieser Form überhaupt nur im Kontext der rationalen Isolation. Wenn die rationale Isolation überwunden wird, verschwindet die Frage einfach:
Indem der Mensch sich die Freiheit nimmt, die er selbst will, tut er genau das, was für alles Existierende das Beste ist. Es gibt keinen Widerspruch zwischen individueller Freiheit und gesamt-gesellschaftlichen Zwängen. (Zumindest gibt es diesen Widerspruch nicht in der Realität. Auf dem gegenwärtigen Entwicklungslevel und im Zustand der rationalen Isolation können solche Widersprüche schon vorübergehend auftauchen.)