Phänomene der rationalen Isolation
- Ständiges Gedankenkreisen entsteht dadurch, dass der Verstand versucht Probleme zu lösen, die er eigentlich nicht lösen kann bzw. könnte er es schon, wenn er sich nicht von seiner Quelle getrennt hätte.
- Ständige Angespanntheit: Durch die Abwertung der nicht-rationalen Teile der Psyche wird die Wahrnehmung der umgebenden Welt im Verstand verzerrt. Es werden permanent Diskrepanzen wahrgenommen zwischen dem, was man als “den Lauf der Welt” bezeichnen könnte und den Abläufen, die der Verstand gerne hätte. Immerzu scheint das Falsche zu geschehen. In der Realität existieren diese Diskrepanzen größtenteils gar nicht. Ihre Wahrnehmung ist die Folge einer falschen Weltsicht. Zudem sieht sich der Verstand vor Aufgaben gestellt, die ihn eigentlich überfordern, was die Anspannung noch weiter steigert.
- Ungelöste Probleme und Krisen: Die Probleme können nicht gelöst werden, weil die dafür notwendigen Informationen nicht ausgewertet werden und zu einem großen Teil auch bewusst gar nicht zugänglich sind.
- Konzepte werden über die Realität gestellt, weil der Realitätsbezug durch die rationale Isolation fehlt
- Illusionen: Die Trennung des rationalen Verstandes von seiner Quelle basiert auf der irrigen Annahme, die Probleme könnten rein rational viel besser gelöst werden. In der Praxis funktioniert das aber nicht. Es entsteht deshalb eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Diese Diskrepanz wird durch die Bildung von Illusionen überbrückt. Die Illusionen gaukeln Lösungen vor, wo eigentlich gar keine Lösungen sind. Das sind vor allem
- Illusionen von Wissen (z.B. die Evolutionstheorie)
- Illusionen von Fortschritt (technischer Fortschritt ersetzt geistig-emotionalen Fortschritt)
- nutzlose Informationen sammeln statt echter Erkenntnis zu den wirklich wichtigen Fragen des Lebens
- Dogmatismus: Ein großer Schwachpunkt des rational isolierten Verstandes ist, dass er die Konfrontation mit Unwissen und “dem Unbekannten” nicht erträgt. Er hat keinen Plan wie er damit umgehen soll. Und tatsächlich ist der rational isolierte Verstand ja auch durch den Sündenfall von der Quelle der Erkenntnis abgeschnitten. Stattdessen kommt es zu Illusionen mit gefakter Pseudo-Erkenntnis und Dogmatismus. Dogmatismus bedeutet, Ideen, die eine begrenzte Berechtigung haben, weit über ihren eigentlichen Gültigkeitsbereich hinaus zu verallgemeinern und sich so vorzumachen, eine partiell funktionierende Lösung sei ein universeller, allgemeingültiger Lösungsansatz.
- Ersatz-Sinn: Der eigentliche Sinn des Lebens ist, den individuellen Aktivitätsimpulsen seines Ich vertrauensvoll zu folgen und so seine “Träume zu verwirklichen”. Da das im Zustand der rationalen Isolation aber nicht geschieht, kommt es zur Herausbildung von Ersatz-Sinn. Der Mensch folgt dann Ideen, die ihm besonders gut und edel erscheinen, während er dabei aber geflissentlich übersieht, dass sie praktisch nicht funktionieren.
- Falsche Vorstellungen von richtig und falsch und gut und böse: Die Unterteilung in richtig und falsch und gut und böse erfolgt durch moralische Kategorien, die sich von der Realität abgelöst haben. Um moralische Kategorien auf die Realität zu beziehen, bräuchte es genau jene innere Verbindung zur Realität, die durch den Sündenfall aufgetrennt wurde. Die von der Realität entfremdeten Unterteilungen in richtig und falsch und gut und böse führen zunehmend ins Chaos, weil sie Strukturen zerstören, die für die Funktion menschlichen Zusammenlebens erforderlich wären.
- Überkomplizierte Theorien: Weil der rational isolierte Verstand sich nicht eingestehen kann, dass viele seiner Theorien nicht funktionieren, weil sie schon auf falschen Grundlagen stehen, versucht er solche Theorien immer wieder anzupassen, um die Ungereimtheiten auszumerzen. Dabei entsteht eine immer weiter ausufernde Kompliziertheit und Komplexität der Theorien, bis kaum noch jemand folgen kann und die Theorien ein unverstandenes Alibi-Dasein führen.
- Sucht, Depression und ADHS: Weil die ursprünglichen Aktivitätsimpulse des Ich’s nicht mehr in Verhalten umgesetzt werden (Träume verwirklichen), erfährt der Mensch einen Mangel an Erfüllung (Zufriedenheit über erfolgreiches Tun). Dies führt zu
- Ersatzbefriedigung in Form von Sucht
- Depression als Ausdruck von Unerfülltheit
- ADHS als ein unkontrolliertes Hervorbrechen nicht genutzter schöpferischer Energie
- Übertriebene Ängste: Ein falsches Weltbild lässt den rational isolierten Verstand negative Entwicklungen vermuten, die gar nicht der Realität entsprechen. Das führt zur Herausbildung von unsinnigen Ängsten.
- Ständige Anstrengungen und Aktionismus: Da so viele Probleme ungelöst sind, ist der Mensch permanent aktiv, um die Probleme zu lösen. Da er aber die richtigen Lösungen nicht kennt, rotiert er die ganze Zeit, ohne eine wirksame Lösung hervorzubringen.
- Eine Art Fortschritts-Wahn, der sich daraus ergibt, dass der isolierte Verstand keinen Zugang zu den Freuden des Seins in der Gegenwart hat und deshalb krampfhaft nach neuen Kicks strebt.
- Partiell gültige Konzepte werden über ihren Anwendungsbereich hinaus eingesetzt, was dann aber nicht mehr funktioniert.
- rational errechnete Aktivität wird über das natürliche spontane Geschehen gelegt, welches dadurch unterdrückt wird
- Ersetzung natürlicher Mechanismen durch rationale Regel-Konstrukte: Der rational isolierte Verstand setzt rationale Regelkonstruktionen an die Stelle natürlicher Mechanismen, welche die gleiche Aufgabe viel besser erledigen würden. Dabei gibt es häufig den Effekt, dass es aus Sicht des Verstandes so erscheint, als würde das Regelkonstrukt funktionieren, weil der natürliche Mechanismus im Hintergrund die Sache doch noch so halbwegs retten kann. Beispiele sind:
- Medikamente und Operationen sollen die natürlichen Heilungsfähigkeiten des Körpers ersetzen. Richtig eingesetzt wären Medikamente und Operationen dann, wenn sie die Heilungsfähigkeiten nicht ersetzen sondern unterstützen sollen. Die natürlichen Heilungsfähigkeiten des Körpers sind im Zustand der rationalen Isolation nur rudimentär aktiv, da sie auf den nicht-rationalen Teile der Psyche basieren.
- Ernährungswissenschaft soll an Stelle des natürlichen Appetits treten. Dieser scheint eine Fehlfunktion zu haben, was aber nicht am Appetit liegt sondern daran, dass Essen als Suchtmittel fungiert (Essen als Ersatzbefriedigung)
- Die Methoden der Informatik treten an die Stelle der natürlichen Kreativität.
nächstes Kapitel: Ursünde, Sündenfall und Erbsünde